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Biographie Alexander George von Humboldt

Personen > Vorfahren Alexander Georges

Alexander Georg(e) von Humboldt (* 22. September 1720 in Zamenz (Hinterpommern); † 6. Januar 1779 in Berlin, begr. in der Kirche zu Ringenwalde, dann in der Kirche in Falkenberg bei Berlin) erreichte im Verlauf der drei Schlesischen Kriege Majorsrang. Nach seiner Dienstentlassung 1761 auf eigenen Wunsch wurde er 1764 von Friedrich II. zum Kammerherrn ernannt. Anschließend widmete er sich seinen Handelsgeschäften und der Bewirtschaftung seiner Güter. Er war der Vater von Wilhelm von Humboldt und Alexander von Humboldt. Das in der Literatur bisher wenig beachtete Gemälde (© Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz. Berlin) zeigt den Major Alexander George von Humboldt (1720-1779) als Offizier des Finckensteinschen Dragoner-Regiments (vgl. Reelfs, Schattenrisse, S. 234, Anm. 13). Er selbst schrieb seinen Namen „Alexander George“.

1 Leben

1.1 Herkunft und Elternhaus


1.1.1 Die Familie von Humboldt (Vorfahren)


Die Hombolds oder Humboldts – die Schreibweise Humboldt bildete sich erst im Laufe des 18. Jahrhunderts heraus – waren seit Beginn des 17. Jahrhunderts zumeist Amtmänner, von den Familien der Ehefrauen her Bürgermeister in Pommern gewesen, ein Beamter in schwedischen Diensten und ein brandenburgischer Handelsagent in Paris zählten dazu. Die Familie war wenig vermögend und bewegte sich, sozial gesehen, zwischen höherer Beamtenschaft und Adel.

1.1.2 Elternhaus


Von Alexander Georgs Eltern gibt es nur einige wenige gesicherte Daten: Johann (Hans) Paul (von) Humboldt (* Berlin 13.04.1684, † ... 1740) erscheint 1703 als Fähnrich im Heidenschen und im Canitzeschen Regiment und ist dann königlich preußischer Hauptmann, zuletzt im Kolbergschen Garnisonsregiment. Schließlich lebt er als Herr auf Zeblin (Pommern) bei Köslin. 1709 heiratet er auf Schloss Draheim Sophie Dorothea von Schweder (* 05.07.1688, † Köslin (Pommern) 09.03.1749). Johann Paul und Sophie Dorothea haben zusammen 11 Kinder, von denen 5 den Vater überleben. Nach dem Tod ihres Mannes lebt Sophie Dorothea als Stiftsdame in dem von ihrem Vater testamentarisch gegründeten Schwederschen Familienstift zu Köslin. Johann Paul war damals mit der Verfügung seines Schwiegervaters überhaupt nicht einverstanden, denn dieser ließ der Stiftung einen erheblichen Teil seines Vermögens zukommen.
Der Großvater der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt war ein tatkräftiger Mann. Im Spanischen Erbfolgekrieg diente er im Heer des „alten Dessauer“, Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau (1676-1747) unter dem Feldmarschall Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736) und verlor 1706 vor Turin
einen Fuß. Als er im Frühjahr 1738 sich das bisher gesunde Bein verletzte, sah er die Notwendigkeit, Schritte zur Versorgung seiner Kinder zu unternehmen. Er erkannte, dass der preußische König Friedrich Wilhelm I. (1713-1740), das Heer aufrüstete. So bat er mit einer schriftlichen Eingabe vom 16. Mai 1738 den König, die Adelszugehörigkeit, für die er keinen Adelsbrief hatte, durch ein königliches Schreiben zu bestätigen. Die standesgemäße Ebenbürtigkeit mit seiner Frau damit zu erreichen, mag ein Motiv gewesen sein. Sicher eröffnete es aber den vier Söhnen von Johann Paul von Humboldt die Chance, in eine sonst nur dem Adel vorbehaltene Offiziersstelle einzurücken, die zumindest eine bescheidene Versorgung bot. Zwei der vier Söhne von Johann Paul starben 1743 und 1750 im Leutnantsrang, die anderen beiden nahmen ihren Abschied 1761 und überlebten den Siebenjährigen Krieg.

1.2 Jugend und militärische Laufbahn


Alexander George wurde in Zamenz, heute ein Ort in einer Landgemeinde in Hinterpommern, am 22. September 1720 geboren. Über die Jugendzeit erfahren wir aus den Quellen nur, dass „er eine sehr gute Erziehung im väterlichen Hause genossen“ hat (Büsching, Kyritz).
1736 trat der 16jährige Alexander George in das in Pommern stationierte spätere Dragonerregiment von Finckenstein Nr. 10 ein. Die Dragoner waren in Preußen als eine Art berittene Infanterie eine recht neue Truppengattung. Zu Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) hatte Alexander George den Rang eines Premierleutnants (Oberleutnant) erreicht. Sein Regiment nahm im August 1757 an der Schlacht zu Groß-Jägersdorf (Ostpreußen) gegen die Russen teil, kämpfte anschließend in Vorpommern gegen die Schweden und wurde sodann dem preußischen Kontingent der aus hannoverschen, braunschweigischen, hessischen und schaumburg-lippischen Truppen bestehenden Armee zugeteilt, die die westlich der Weser gelegenen Gebiete Preußens und seiner Verbündeten gegen Franzosen und Österreicher verteidigen sollte. In der Schlacht bei Krefeld
rettete am 28.06.1758 Alexander George zusammen mit seinem Offizierskollegen von Derenthal mit einer Eingreiftruppe seinem in Bedrängnis geratenen Oberbefehlshaber, Herzog Ferdinand von Braunschweig (1721-1792), das Leben. Der Herzog, Schwager Friedrichs des Großen und selbst glänzender Heerführer, blieb seinem Retter und dessen Familie zeitlebens dankbar. Alexander George von Humboldt wurde rasch befördert. Zuletzt wurde er 1760 zum königlich preußischen Obristwachtmeister (Major) bei den Finckenstein-Dragonern ernannt und konnte seine praktischen Talente als Regimentsadjutant für die Verpflegung und Ausrüstung des Regiments in Handel und Wirtschaft zur Geltung bringen. Er hatte große (verzinste) Geldmittel zur Verfügung. Ende des Siebenjährigen Krieges war er „wegen seinen Kräncklichen umständen Genöthiget[,] seinen abschied zu nehmen.“ [vgl. unten den Text der Sargtafel] Das Demissionsgesuch vom 4. Januar 1761 gibt als Entlassungsgrund eine Verletzung durch einen Sturz vom Pferd im Vorjahr an. Er ging danach öfter nach [Bad] Pyrmont zur Kur.
(Kommandeur der Dragoner war Generalleutnant Friedrich Ludwig Reichsgraf Finck von Finckenstein
(1709-1785), Bruder des einflussreichen Wirkl. Geh. Kabinettsminister Karl Wilhelm Reichsgraf Finck von Finckenstein (1714-1800) und späterem Taufpaten Alexanders.).

1.3 Ehe, Kinder und gesellschaftliches Umfeld


„1766 reizten ihn die vorzüglichen Eigenschaften der Frau Maria Elisabeth von Colomb, verwitweten Freifrau von Hollwede, sich mit derselben zu vermählen; aus welcher Ehe zwei Söhne vorhanden sind.“
(Büsching, Kyritz, S.28)
Am 19. Oktober 1766 heiratete der 46jährige Major a.D. und Kammerherr Friedrichs II. Alexander George im Berliner Dom die junge und vermögende Witwe Marie-Elisabeth Freifrau von Holwede, geborene Colomb (1741-1796), hugenottischer Herkunft. Auf dem vom Schwager Alexander Viktor Ludwig Heinrich Freiherr von Holwede (1737-1793) zur Verfügung gestellten Gut Lancke (im Norden von Berlin) feierten sie die Hochzeit. Marie Elisabeth war nach dem Tode des ersten Mannes Friedrich Ernst Freiherr von Holwede noch keine 25 Jahre alt, ihre Eltern lebten nicht mehr und sie hatte einen 5jährigen Sohn (Heinrich Friedrich Ludwig Ferdinand von Holwede (1762–1817) Dies mag sie, abgesehen von möglichen persönlichen Neigungen, zu dem Entschluss einer Wiederheirat geführt haben, zumal der neue Ehemann in der höfischen Gesellschaft eine Rolle spielte, die ihr in der schwierigen Nachkriegszeit (G. Braunberger, 2009) auch wirtschaftlichen Schutz und Sicherheit versprach.
Den „schönen Karakter“ des Majors hoben die Zeitgenossen gerne hervor: So erinnert sich Frau von Briest: „Ihn [Alexander George von Humboldt] werde ich zwar immer sehr da vermissen. Seine leichte, muntere Unterhaltung machte einen charmanten Kontrast mit der leisen Ruhe und Gemessenheit seiner Frau.“
(A. v. Sydow, Briefe, I, 54)
Oder: „Der Augenschein lehrt, dass er ein Mann von Verstand und Geschmack gewesen ist. Für einen solchen haben ihn auch Hohe und Niedere im Umgange erkannt und deswegen hochgeachtet. Er war auch ein grosser Menschenfreund, leutselig und wohlthätig.“
(Büsching, Kyritz, S. 28)
Im Alter von 51 Jahren beurteilt ihn Wilhelm als etwas leichtlebig, doch ehrlich und großzügig: „Mein Vater war […] wie Alexander, immer [Geld] ausgebend und immer reich in der Idee. Indeß wußte er auch in Wahrheit zu erwerben und ohne kleinliche Mittel.“
(A. v. Sydow, Briefe, VI, 348)
Der Sohn Wilhelm wird am 22. Juni 1767 in Potsdam geboren, da sein Vater – so berichtet Alexander später – zu diesem Zeitpunkt diensthabender Kammerherr am Hof des Kronprinzen Friedrich Wilhelm II.
in Potsdam war.
Als Alexander am 14. September 1769 in Berlin, Jägerstraße Nr. 22 geboren wird, war der Vater aus der Kammerherrenstelle beim Kronprinzen bereits ausgeschieden und die Familie hatte sich wegen der besseren medizinischen Versorgung während der bevorstehenden Geburt in ihre Stadtwohnung begeben (die Geburt Alexanders in der Berliner Stadtwohnung ist sehr wahrscheinlich aber der letzte Beweis fehlt).
Der vertraute Freund, Leopold III., Herzog von Anhalt-Dessau bezeugt, dass der Major sehr stolz auf seine Söhne war. (A. v. Sydow, Briefe, V, 2). Die Listen der Taufpaten der Söhne zeigen den Personenkreis, in dem sich die Eltern der Brüder dienstlich und privat bewegten oder dessen Nähe sie suchten.
Als Taufpaten des in Potsdam am 17. Juli 1767 getauften Wilhelms
werden 20(!) Persönlichkeiten aus dem persönlichen, militärischen und höfischen Umfeld genannt, mit denen Alexander George dienstlich zusammentraf. (Information von PD Dr. Udo von der Burg, dem ich für die Unterstützung herzlich danke.)
Die Paten des am 14. September 1769 in Berlin geborenen und am 19. Oktober getauften Friedrich Wilhelm Heinrich Alexanders
waren (J. Löwenberg, in: Bruhns, I, 15):
„Der Prinz von Preußen, nachmaliger König Friedrich Wilhelm H.,
der Prinz Heinrich von Preußen,
der Erbprinz von Braunschweig,
der Herzog Ferdinand von Braunschweig,
der Minister Graf von Finckenstein,
der Minister Graf von Reuss,
der Generallieutenant und Minister von Wedell,
der Generallieutenant und Gouverneur von Ramin,
die Gräfin von Wartensleben,
die Ministerin von Massow,
die Gräfin von Eickstedt,
die Ministerin von Fürst,
die Ministerin von Horst, und
der Minister von Dorville.“

Im Unterschied zu den Paten Wilhelms entstammen die Paten von Alexander vorwiegend den Kreisen der ministeriellen Verwaltung sowie der Wirtschaftsbereiche, in denen sich Alexander George von Humboldt inzwischen etabliert hatte. So genoss Minister von Finckenstein, als Kabinettsminister das große Vertrauen des Königs Friedrichs II.
Einer Darstellung seines Sohnes Alexanders aus dem Jahre 1842 zufolge galt Alexander George, als der Thronwechsel von Friedrich II. zu Friedrich Wilhelm II. absehbar war, als ministrabel. (L. Assing, 1860, 112)
Die Eltern achteten mit besonderer Sorgfalt (vgl. z.B. AvH in K.-R. Biermann, 1989, S. 50) auf die Bildung ihrer Söhne. Alexander George stellte den Rousseau-Anhänger Joachim Heinrich Campe (1746-1818) für die Grundbildung (1769-1773 und im Jahr 1775) ein. 1773-75 verdient sich der nachmalige Feldprediger und nachmalige Feldprediger Johann Heinrich Sigismund Koblanck als Hauslehrer bei Humboldts seinen Unterhalt. Von 1775 bis 1777 ist durch einen Brief Alexander Georges „Monsieur [Johann] Clüsener, Gouverneur de Messieurs de Humboldt à Schloss Tegel“
als Hauslehrer bei Humboldts nachweisbar. Zwei Jahre vor seinem Tod engagierte Alexander George von Humboldt ab 1777 Gottlob Johann Christian Kunth (1757-1829), den 20jährigen Sohn des Superintendenten und Liederdichters Johann Siegmund Kunth, als Hofmeister nach Tegel.
Kunth gefiel dem Major (und seiner Gattin) schon nach kurzer Zeit so sehr, „dass man ihm alsbald auch einige wirthschaftliche Angelegenheiten und Correspondenzen auftrug. Nicht selten musste er in Abwesenheit des Majors von Humboldt vornehme Personen empfangen, einmal den Herzog von Braunschweig, was wol ein Beweis für seine grosse Gewandtheit sein mag.“
(Goldschmidt, 1881, 16)
Er unterrichtete den 10jährigen Wilhelm und den 8jährigen Alexander vor allem in Französisch („welches damals in den vornehmen Häusern als eine Hauptsache galt“) und Geschichte (J. Löwenberg, in: Bruhns, I, 25) aber auch in Mathematik, Deutsch, Latein, Griechisch, und prägte deren Entwicklung nachhaltig. Nach dem Tod Alexander Georges lenkte er im Auftrag der Mutter die Schul- und teilweise Universitätsausbildung der Söhne und blieb bis zu seinem Tod der Vermögensverwalter der Brüder.
Wie ernst es den Eltern mit der Ausbildung ihrer Söhne war, beleuchtet folgender Akt: Der Major von Humboldt hatte die Verpflichtung zu einer hinreichenden Ausbildung Wilhelms und Alexanders auf die Güter und Grundstücke hypothekarisch eintragen lassen; erst 1845, wurde die letzte Eintragung gelöscht und in der gerichtlichen Verfügung dazu bemerkt, dass die Erfüllung der Verpflichtung „notorisch“ (allgemein bekannt) sei.

1.4 Kammerherr unter Friedrich II


Nach Ende des Krieges (1763) erhielt der „Lebensretter“ des Herzogs von Braunschweig Alexander George Zugang zur großen höfischen Gesellschaft. „Der König ernannte ihn 1764 zum Kammerherrn und setzte ihn an den Hof des Prinzen von Preussen.“ (Büsching, Kyritz, S. 28)
Die Tätigkeit als Kammerherr war ein besonderer Ehrendienst, der in persönlichen Dienstobligenheiten für die fürstliche Person bestand. Das Amt war ausdrücklich dem Adel vorbehalten. Der Rang entsprach etwa dem eines Generalmajors. Diese Tätigkeit bedeutete für Alexander George eine höchst willkommene Nähe zu den politischen Entscheidungsträgern bei Hofe.
Der spätere Kammerherrkollege Graf Lehndorff bestätigt, dass Alexander Georges schon sehr bald nach dem Ausscheiden aus dem Militärdienst die Nähe zur Gesellschaft am Hof sucht: „27. November 1761. Herr v. Humboldt, dieser reiche Kauz neuesten Datums, gibt uns ein prächtiges Fest. Er hat sich im Laufe dieses Krieges ein ungeheueres Vermögen gemacht. Er hatte die Lieferungen für die verbündete Armee und daran außerordentlich viel verdient. Er ist ein guter Kerl, fühlt sich aber in seinem so unverhofft gekommenen Glücke noch so wenig zu Hause, daß er beständig davon spricht. Er hat alles voll Ringe und Tabaksdosen, da er alles ohne jeden Geschmack zusammenkauft.“
(Lehndorff, Tagebücher, 1984. S. 136)
Da die offizielle Ernennung zum Kammerherrn auf sich warten lässt, ist der Major zu einem aufwändigen Lebensstil genötigt. Dabei ist er beliebt und versteht seine Aufgabe, die Hofgesellschaft zu unterhalten. Auch dies bestätigt Lehndorff (Anfang 1763; Lehndorff, Tagebücher, 2007, S. 488ff.).
Kammerherrn-Tätigkeiten waren oft persönlich und daher gibt es wenig Quellenmaterial. Im Auftrag des Kronprinzen Preise für Seidenstoffe beim Produzenten abfragen oder eine polnische Gräfin durch Sanssouci zu führen, sind belegbare Tätigkeiten Alexander Georges.
Nach der Scheidung des Thronfolgerpaares 1769 blieb Alexander George Kammerherr bei Friedrich II. und blieb somit in Kontakt zum Hof und zu der ihn umgebenden Gesellschaft (vgl. Eintragungen in den Staatskalendern und Alexander von Humboldt (L. Assing, 1860, S. 113)).

1.5 Der Geschäftsmann


Seine Geschäftstüchtigkeit, die er schon als Militär gezeigt hatte, beweist er auch in der Folgezeit.
An der General-Tabaks-Pachtungs-Gesellschaft von 1765 der General-Tabaks-Administration (G.T.A.) war Alexander George mit 25 Aktien (à 1000 Tlr.) mit einem „Directeurgehalt von 4000 Tlr.“ ohne Geschäftstätigkeit beteiligt (E. P. Reimann, 1913, S. 66, 71). Auch hier kam er mit Carl Friedrich von Dacheröden d. J. (1732-1809) in Kontakt, weil dieser im August 1765 Geldgeber für die Unterpächter im Raum Minden besorgte. Im Frühjahr des nächsten Jahres wird Alexander George Taufpate von dessen Tochter Caroline Friederike, seiner späteren Schwiegertochter (was er nicht mehr erlebte).
Um 1769/70 pachtete die die im Tabak- und Holzgeschäft tätige Handelsgesellschaft „Hauptmann Baron von Holwede & Co“ die Tabaksmagazine der G.T.A. und firmierte fortan als „Generaltabaksblätter-Magazin Hauptmann Baron v. Hollwede & Co.“, die von den Holwede-Brüdern gegründet und vermutlich von Alexander George mit Kapital versorgt worden war.
In der Kurmark (wie anderorts in vorindustriellen Produktionszentren auch) herrschte damals Holzmangel (z.B. H. Etzold, 1989, S. 82) und der Tabakskonsum war ein beliebtes Statussymbol der Offiziers- und Hofkreise. Alexander George besaß auch Aktien der 1765 eingerichteten staatlichen „Giro- und Lehnbank“, aus der 1873 die Reichsbank erwuchs, und er bezog Einkünfte aus der preußischen Zahlenlotterie, an deren Gründung er beteiligt war. Die Einnahmen daraus dienten später Wilhelm bis Ende 1792 zur Finanzierung seines Studiums und der Referendarzeit.
Die Gesellschaft „Generaltabaksblätter-Magazin Hauptmann Baron v. Hollwede & Co.“ kam in den 80er Jahren der Insolvenz sehr nahe. „So bat die Witwe des Gründers, Barons von Hollwede, Frau Elisabeth von Humboldt
(und auch der Prinz von Preußen), den Minister von Schulenburg-Kehnert 1786 bei seinem Antritt des Präsidiums der G.T.A. um Wahrung ihrer Interessen bei der Kompanie, als der König gerade Schulenburg, deren Auflösung zu erwägen, aufgetragen hatte.“ (E. P. Reimann, 1913, S. 140).
Die Humboldts zeigten sich also offen gegenüber neuen Wirtschaftszweigen und risikobewusst.

1.6 Märkischer Gutsherr


„Schon 1769 legte er die Stelle am kronprinzlichen Hofe nieder, und lebte von dieser Zeit zwar ohne Amt, aber nicht ohne nützliche Thätigkeit. Seine Güter in der Neumark hatte er verpachtet, aus seinem Wohnsitze Tegel suchte er aber zu machen, was durch Kunst daraus werden konnte, und der Augenschein lehrt, daß er ein Mann von Verstand und Geschmack gewesen ist. Für einen solchen haben ihn auch Hohe und Niedere im Umgang erkannt und deswegen hoch geachtet. Er war auch ein großer Menschenfreund, leutselig und wohltätig ... .“
(Büsching, Kyritz, S. 28).
Das Gut Ringenwalde mit dem Vorwerk Crummecavel in der Neumark (Kreis Soldin, heute Polen) war, wie der Brief des Majors an Johann Clüsener vom 25. November 1776 und der Brief Alexanders an seinen Freund Wegener zeigen, auch ein Ort, wo sich die Familie aufhielt (Jahn/Lange, Brief 10, S. 27 f. vom 29.9.1788.).

Neben der Stadtwohnung in der Jägerstraße für die Wintermonate war das Erbpachtgut Tegel, mit seinen über 250 Morgen Ackerhufen, Wiesen und Weiden, der eigentliche Lebensmittelpunkt der Familie von Humboldt.
Die Kriegs- und Domänenkammer hatte nach dem Krieg das Gut – wie andere Domänengüter auch – mit der Verpflichtung belegt, „daselbst eine Maulbeerbaum-Plantage anzulegen“
. Der Zwang, dieser Verpflichtung auf dem dafür ungünstigen Boden nachzukommen, führte zu häufigem Pächterwechsel (vgl. A. Wietholz, 1922). Auch die Vorbesitzer, die beiden Brüder Friedrich Ernst von Holwede (12.03.1723 - 26.01.1765) und Victor Ludwig (08.03.1737 - 02.02.1793), die die Schwestern Marie Elisabeth und Wilhelmine Anne Susanne Colomb (1743–1784) geheiratet hatten, hatten schon Anstrengungen unternommen, das Gut Tegel zu sanieren.
Eine Beschreibung des Gutes so wie es Alexander George übernahm, mag helfen, die Leistungen des Ehepaares von Humboldt zu würdigen.


Schloss Tegel, Kupferstich von Pieter Schenk dem Älteren (1660-1718), um 1700.


Das Bild zeigt den alten Gebäudekomplex des Guthofs, damals zentriert um einen kräftigen Turm, an den sich rechtwinklig ein zweistöckiges Wohnhaus (rechts) und ein Wirtschaftsflügel (links) anschlossen. Ein Ziehbrunnen (nicht sichtbar) sorgte für den Wasserbedarf, Scheune und Stall beherbergten Futter und Tiere. Seitab lag das bescheidene Weinmeisterhaus (nicht sichtbar), dessen Bewohner sich um die Weinstöcke kümmerten, die auf eingezäunten Hügeln in der Nähe angepflanzt worden waren. Die Fischerboote im Vordergrund verweisen auf das Fischereirecht. Die problematische Maulbeerbaum-Plantage mit an die 6000 Bäumen ist nicht erkennbar, weil diese Pflicht erst seit 1752 galt.
Trotz des sandigen Bodens soll der Tegeler Wein durchaus genießbar gewesen sein, wenn auch als ein „etwas krätziges Tischgetränk“.
Alexander George von Humboldt hat nach 1766 erhebliche Summen in diese Zwangsanpflanzungen und in die Gebäudesanierung investieren müssen. Aber er erkannte sehr bald, dass das Gut mit der Seidenzucht keinen Gewinn erwirtschaften konnte. So gab er sie 1770 endgültig auf.
Mit Sachverstand und wirtschaftlichen Mut rationalisierte Alexander George den Gutsbetrieb und machte ihn marktfähig. Anstelle der bisher üblichen Zugochsen setzte er Pferde für die Ackerarbeit ein und weiter heißt es in einem zeitgenössischen Bericht: „Er war der erste, der in Tegel die Stallfütterung betrieb. Zur Beförderung derselben führte er den Kleebau ein. Dadurch gewann er soviel Milch, welche nach Berlin zum Verkauf gebracht wurde, daß er den Nutzen einer Kuh auf 50 bis 60 Thaler trieb.“ (W.D., Tagesspiegel 30.10.1966)
Den Kleeanbau führte er ein, etwa 20 Jahre bevor Johann Christian Schubart
(1734-1787) diesen 1783 propagierte. So waren die Tegeler mit ihrem hochproduktiven Stallvieh bei den ersten Frischmilchlieferanten der königlichen und prinzlichen Höfe.
Büsching, der mit scharfen klaren Worten die Ausbeutung der Tabakbauern durch das Holwedesche Generaltabaksblätter-Magazin kritisiert hat, bemerkt zum Wirtschaftsgebahren Alexander Georges auf Tegel: „Es rührte mich nicht wenig, als ich während des kurzen Aufenthalts im neuen Kruge, die gegenwärtigen einheimischen Leute des Orts, so zärtlich von ihm reden hörte. Ein gemeiner Mann rühmte seine Fürsorge für die Tagelöhner des Orts, denen er zu aller Zeit Arbeit und Brodt verschafft habe.“
(Büsching, Kyritz, S. 29).

1.7 Ein Freund der Forst- u. Landschaftsgestaltung


Aber er bewirtschaftete das Erbpacht-Gut nicht nur erfolgreich sondern er verschönerte es auch und wurde dafür gelobt: „Er legte schöne Spazierörter an, nicht nur im engländischen Geschmack, sondern auch im Wilden, mehrerenteils aber in amerikanischen Bäumen“ (Büsching, Kyritz, S. 27f.).
Eine Bemerkung von Alexander von Humboldt in seiner autobiographischen Skizze, die er am 4. August 1801 in Santa Fé de Bogotá niederschrieb, macht es wahrscheinlich, dass sich Alexander George bei seinem Nachbarn, August von Burgsdorf (1747-1802), Oberförster und Forstrat in Tegeler Forst, mit anderen botanisch und agrarisch Interessierten, wie dem Hausarzt der Familie Ernst Ludwig Heim (1747-1834] und dem Botaniker und Direktor des Botanischen Gartens, Johann Gottlieb Gleditsch (1714—1786), traf und austauschte. August von Burgsdorf legte 1779 die Tegelsche Baumzucht an, in der er verschiedene Gehölze aus Europa und Nordamerika kultivierte, worin, wie es heißt, sich der kleine Sohn Alexander gerne tummelte.
Auch mit anderen Garten- und Landschaftspezialisten steht Alexander George in Kontakt: So mit dem Fürst Leopold III. Friedrich Franz (Anhalt-Dessau) (1740-1817), der Gestalter des sogenannten „Dessau-Wörlitzer Gartenreichs“ oder mit Philipp August von Briest, der einer der großen Gestalter des Schlosses und des Parks Nennhausen, des „Märkischen Musenhofes“, war.

1.8 Gastfreundliches Tegel


Tegel war dem Naturell des Hausherren gemäß ein sehr gastfreundliches Haus. Es sah häufig Gäste von hohem Rang. Der Sohn Alexander berichtet noch 1842: „Mein Vater verblieb in der höchsten Gunst des Prinzen von Preußen, der ihn regelmäßig alle Jahre in Tegel besuchte.“ (L. Assing, 1860, S. 113). Häufiger und sehr gerne war der „vertraute Freund“ des Majors, Leopold III., Herzog von Anhalt-Dessau, zu Gast in Tegel und hat auch die Kinder dort erlebt (A. v. Sydow, Briefe V, 1912, S. 2).
Für den 20. Mai 1778 notiert Goethe in seinem Tagebuch
: „Von Berlin um 10 über Schönhausen auf Tegeln. Mittags Essen. Über Charlottenburg nach Zehlendorf. Nachts 11 in Potsdam.“ Ob bei diesem Mittagessen (vermutlich) im Hause Humboldt (vgl. Reelfs) die elf- und neunjährigen Knaben „zu seinen Füßen“ gespielt haben, darf bezweifelt werden.
Vielleicht waren es doch Alexander Georges Gartenanlagen, die Goethe, den Herzog Carl August von Weimar und den Fürsten Leopold von Dessau am 20. Mai 1778 bewogen haben, nach Potsdam über Tegel zu reisen, denn im Frühjahr hatte die Neugestaltung des Weimarer Parks unter Goethes Anleitung begonnen. Doch auch politische Gründe könnten den Besuch veranlasst haben: stand doch der Gutsherr dem Hofe weiterhin nahe; er war der Vertraute des Kronprinzen, und man sprach, wie erwähnt, von Aussichten auf einen Ministerposten für Alexander George.

1.9 Ein preußischer Freimaurer?


Es fällt auf, dass verschiedene Persönlichkeiten um Alexander George Freimaurer sind; so z.B. der Stadtpräsident und Bürgermeister von Berlin Kircheisen (F. A. O’Etzel, 1903, S. 30 et al.).
War Alexander George ein friederizianischer Freimaurer?
Leider ist das Werk von Franz August O'Etzel Geschichte der Großen National-Mutterloge die einzige, späte und leider ungenaue Quelle für diese Annahme. Es konnten bisher keine weiteren Quellen (wie z.B. Matrikeleintrag einer Loge) gefunden werden (K. Gerlach, 1996, S. 34-37).

Es ist denkbar, dass der Offizier Alexander George in einer der vielen Feldlogen
Mitglied war. Diese haben sich meist nach den Kriegen schnell aufgelöst und selten Mitgliederverzeichnisse hinterlassen.

1.10 Tod


„Sein Tod, welcher am 6. Jan. 1779 im 59. Jahre seines Alters erfolgte, ward daher von jedermann bedauert.“
(Büsching, Kyritz, S.29).
Alexander George von Humboldt war nach seinem Ableben wahrscheinlich zunächst in der Kirche zu Ringenwalde in einem Steinsarg beigesetzt worden. Das Recht der Bestattung in der Kirche war üblicherweise ein Patronatrecht. Das könnte also darauf hindeuten, dass er dort Patronatsrechte hatte. Entsprechende Grundbuch-Akten konnten bisher nicht ermittelt werden.

Nach dem Tode des Majors von Humboldt waren zunächst die Vermögensumstände der Familie zu ordnen; hierzu führt Gottlob Johann Christian Kunth aus: „Indessen hatte der Kammergerichtsrat Weisbeck, welcher diese Geschäfte betrieb, mich näher kennen gelernt. Er gab Anlaß, daß ich in dieselben verflochten wurde; und dies nahm so zu, daß ich bald der ganzen Verwaltung der Güter und des Geldvermögens allein vorstand und kaum mehr fünfzig Taler eingenommen oder ausgegeben wurden als durch meine Hände.“
(Goldschmidt, S.16; R. Borch S. 15f.).


Sargplatte Alexander Georg von Humboldt



2 Literatur (Auszug)

Literatur zu Alexander George von Humboldt (Auszug)



 
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