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Ottmachau

Ottmachau, Schloss, 1857-83 (Sammlung Duncker)
Lithographie des Wohnsitzes mit Erläuterungen auf der darauffolgenden Seite, die hier wiedergegeben werden.

Quelle: Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preussischen Monarchie : nebst den königlichen Familien-, Haus-Fideicommiss-Schatull-Gütern in naturgetreuen, künstlerisch ausgeführten, farbigen Darstellungen ; nebst begleitendem Text. Duncker, Alexander (Hrsg.), Berlin : Duncker, (1857/83). [Digitalisierter Druck] ; [Elektronische Ressource]. Berlin: Zentral- und Landesbibliothek 2006.
Digitale Sammlungen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin > Sammlung Duncker > Schloss Ottmachau

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Im alten Fürstenthum Neisse liegt das Städtlein Ottmachau mit seinem hohen und schönen Schlosse, das vormals stark befestigt war und bei Kriegsnöthen der ganzen Umgegend oftmals als Zufluchtsstätte diente. Den Chronisten zufolge wurde in Ottmachau ein „Thum-Stift" aufgerichtet und zwar 1406, man erfährt aber nicht näher, welche Bewandtniss es mit selbigem gehabt haben mag. Dagegen steht fest, dass sich 1429 die Hussiten des Städtchens bemeisterten und dass ihnen Nicolaus von Zedlitz endlich das Schloss mit allen Schätzen, welche die ganze Umgegend hier zusammen gerettet hatte, übergeben musste. Im Jahre 1646 bemächtigten sich die Schweden des Städtchens mit stürmender Hand. Im Jahre 1741 nahmen die Preussen Ottmachau ein und verstärkten die Befestigungen.
Ottmachau hat 2.500 Einwohner, die sich meist von Leinweberei nähren, eine sehenswerthe katholische Kirche, eine Kapelle, ein Hospital, eine Fasanerie und ein hübsches Jagdschloss.
Das Schloss, hoch gelegen und stattlich, zeigt noch mannichfache Spuren von jenen starken und altertümlichen Befestigungen, die es einst zum Schutzort des Thals der Neisse machten.
Seit 1820 ist ein hochberühmter Name mit Ottmachau verknüpft, es gehört seit jenem Jahre denen von Humboldt. Der Erwerber, der Staatsminister Wilhelm von Humboldt, schreibt über Ottmachau unter dem 12. Juli 1823 (Briefe von Wilhelm von Humboldt an eine Freundin. Erster Theil): „Die Güter, welche ich in diesem Augenblick bewohne, besitze ich erst seit 1820. Sie sind sehr reizend belegen. Das alte Schloss liegt auf einem Hügel, von dem man einen Kreis der schlesischen, böhmischen und mährischen Gebirge übersieht, und zwischen diesen Hügeln, an deren Fuss die Neisse hinläuft, und dem Gebirge sind die anmuthigsten Aecker, Wiesen und Gebüsche, zu denen auch meine Besitzungen gehören. Ich bewohne zwar dieses Schloss nicht, da es nicht ausgebaut ist und nur wenige bewohnbare Zimmer für meine Kinder hat, aber ein recht bequemes und gutes Haus, ein wenig tiefer, dient mir zur Wohnung und hat auch grösstentheils dieselbe Aussicht."
Die  von Humboldt , eigentlich Hombold (
die heutige Schreibweise bildete sich im Laufe des 18. Jahrhunderts heraus), sind eine märkische Familie, und waren früher nur in der Mark und Pommern angesessen; die beiden Brüder  Wilhelm und Alexander von Humboldt , durch die der Name so hochberühmt geworden, sind die Urenkel Erdmann Ludwig's von Hombold (gemeint ist: Erdmann Ludwig Conrad (von) Humboldt (1650-1725); er bediente sich als erster des Adelsprädikats „bei der hohen Stellung, die er einnahm"), der als Königlich Preussischer Legationsrath und Amtshauptmann zu Drahheim 1722 starb. Erdmann Ludwig's Grossvater, Johann, starb 1638 am 11. Februar als Bürgermeister zu Königsberg in der Neumark. Das  Humboldt' sche Wappen zeigt einen von drei Sternen begleiteten Baum in goldenem Felde.

 

Das Gut Ottmachau nach dem Tode Wilhelm von Humboldts
Wilhelm von Humboldt wies testamentarisch das Gut Ottmachau seinen beiden Söhnen, Theodor und Hermann zu. Das Schlesisches Güteradressbuch von 1873 zeigt noch diese Aufteilung: Die Burg und den Gutsteil Friedrichseck bekam Theodor, den Gutsteil Nitterwitz bekam Hermann.

Ottmachau, (Gut) nebst Vorwerk:
    Post- und Telegraphenstation Ottmachau
    Besitzer: Baron [Theodor] v. Humboldt Erben
    Fläche: 942 Morgen, davon 623 Mg. Acker, 97 Mg. Wiesen und 222 Mg. Wald;
    Grundsteuerreinertrag: 1766 Thaler.
Friedrichseck, Dominium ([Unter- oder nutzbares] Eigentum):
    Poststation Ottmachau 5/8 Meile
    Besitzer: Frau Baronin [Hermine] v. Humboldt
    Fläche: 1178 Morgen, davon 1002 Mg. Acker, 100 Mg. Wiesen, 74 Mg. Wald
    und 2 Mg. Wasser;
    Grundsteuerreinertrag: 2147 Thaler.
Nitterwitz, Dominium (s.o.):
    Post- und Telegraphenstation Ottmachau 1/4 Meile;
    Besitzer: Baron [Hermann] v. Humboldt Erben
    Fläche: 934 Morgen, davon 833 Mg. Acker, 99 Mg. Wiesen und 2 Mg. Wald;
    Grundsteuerreinertrag: 2219 Thaler.
    Granitsteinbruch.
(Schlesisches Güteradressbuch, 1873)

Abb. aus: [Walter Keil:] Stauseestadt Ottmachau, Peine 1964, S. 16

Die evangelische Kirche
Die evangelische Kirche Ottmachaus war bescheidener als die hoch-barocke katholische Kirche. Doch sie war ein würdiges, schönes, in gotischem Stil im Jahre 1859 erbautes Gotteshaus, das etwa 200 Gläubigen Platz bot. (Stauseestadt Ottmachau, S. 16)
Wilhelm von Humboldt-Dachroeden (der Enkel von Wilhelm und Karoline von Humboldt) und seine Frau Hermine, geb. von Werder, haben diesen Kirchenbau durch großzügige Spenden gefördert. Leider existiert sie heute nicht mehr.

General-von-Humboldt-Fasanerie

Wohl nicht nur der Name Humboldt, noch mehr seine ausgezeichneten Fähigkeiten als hoher Offizier waren es, die S. M. Kaiser Wilhelm II. anerkannte und dem General Bernhard von Humboldt (1863-1934) eine besonders geachtete Stelle am Kaiserhofe einbrachte.
Zu seinem Privatvergnügen war der General ein guter Jäger, aber kein Landwirt. Daher hatte er die vielen zur Burg gehörenden Ländereien verpachtet bis auf die idyllisch gelegene Fasanerie, die etwa 80 Morgen groß im Norden der Stadt lag. An ihrem Rand stand das Försterhaus, das ein nettes Motiv für Schwind oder Spitzweg abgegeben haben würde. (Stauseestadt Ottmachau, S. 22)

Bernhard von Humboldt (1863-1934) verkauft seinen Besitz
Durch den Beginn des Staubeckenbaues wurde von 1926 ab die wirtschaftliche Stagnation von Ottmachau mit einem Schlag überwunden. Durch das preußische Gesetz betreffs die Verbesserung der Oderwasserstraße vom 30.06.1913 war bereits der Gedanke zum Bau eines Staubeckens bei Ottmachau aufgeworfen worden. Nachdem wegen des 1. Weltkrieges alle Pläne hierfür gestoppt worden waren, begannen 1926 die Vorarbeiten mit der Verlegung der 1874 eröffneten Bahnstrecke Ottmachau - Patschkau. Seit 1928 erfolgte der Bau des Staudamms und aller Nebenanlagen. (Handbuch der historischen Stätten, Schlesien, 1977)
Alle Äcker westlich der Stadt, die im Bereich des künftigen Staubeckens lagen, kaufte der Staat auf. Darunter befand sich auch der größte Teil des Humboldt’schen Landbesitzes. Daher entschloß sich der General, auch den Rest seiner Ackerflächen zu verkaufen. Die Landesburg mit dem Niederschloß sowie die Fasanerie erwarb die Stadt. Damit kam der einstige Bischofssitz, den Friedrich Wilhelm lll. enteignet und dem Minister Wilhelm von Humboldt geschenkt hatte, nach 108 Jahren in den Besitz der Stadt Ottmachau.
Der General Bernhard von Humboldt mit seiner Familie und seine Schwester, Exzellenz von Busse, verlassen im Jahre 1928 Ottmachau. Sie zogen nach Lübchen in den Kreis Steinau an der Oder, wo der General einen neuen Besitz erworben hatte. (Stauseestadt Ottmachau, S. 58)
1933 war der Bau des Staudamms vollendet. Das Staubecken wurde ein begehrter Ausflugsort für die Bewohner der Umgegend, aber auch für weiter entfernt wohnende Bevölkerungskreise, besonders aus Oberschlesien.
(Handbuch der historischen Stätten, Schlesien, 1977)

 
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