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Tegel

Tegel, Schloss, 1857-83 (Sammlung Duncker)
Lithographie des Wohnsitzes Schloss Tegel mit Erläuterungen auf der darauffolgenden Seite, die hier wiedergegeben werden.

Quelle: [Sammlung Duncker:] Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preussischen Monarchie : nebst den königlichen Familien-, Haus-Fideicommiss-Schatull-Gütern in naturgetreuen, künstlerisch ausgeführten, farbigen Darstellungen ; nebst begleitendem Text. Duncker, Alexander (Hrsg.), Berlin : Duncker, (1857/83). Berlin: Zentral- und Landesbibliothek 2006.
Digitale Sammlungen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin > Sammlung Duncker > Schloss Tegel

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Tegel ist die plattdeutsche Ausdrucksform des Wortes Ziegel, und wirklich wird das Dorf in der Pfarrmatrikel von 1716 also genannt. Jedenfalls sind also in älteren Zeiten dort Ziegelthonerden gegraben worden, jetzt ist das freilich nicht mehr der Fall, doch findet sich ganz in der Nähe, am Hermsdorfer See, noch Ziegelthon, der nicht nur zur Ziegelei, sondern auch zur Fabrikation von Ofenkacheln benutzt wird. Tegel liegt sehr schön zwischen Wald und Wasser und ist ein von Berlin aus gern und viel besuchter Vergnügungsort, die Entfernung beträgt 1 ½ Meile.
Im vierzehnten Jahrhundert war Tegel geistliches Besitzthum, die Nonnen von Spandau hatten es 1361 erkauft und es blieb in ihrem Besitz bis zur Reformation, wo es eingezogen und zur churfürstlichen Domaine geschlagen wurde. Der grosse Churfürst hatte hier ein Jagdschloss, aus diesem und seinen Pertinenzien (
Teil eines Landgutes, auch Nebengut) ist das gegenwärtige Rittergut Schloss Tegel entstanden. Im vorigen Jahrhundert besass der Kämmerier Möhring Tegel als ein Erbpachtgut, von diesem erkaufte es der Königliche Rittmeister Ferdinand von Holwede, der sich 1760 mit Marie Elisabeth von Colomb (Adelstitel ist falsch) vermählte. Von ihm erbte Tegel 1765 seine Wittwe, die es 1766 ihrem zweiten Gemahl, dem Königlichen Major Georg Alexander von Humboldt, dessen Geschlechtes Heimath in dem hinter-pommerschen Fürstenthum Cammin zu suchen, zubrachte (korrekt: verkaufte). Georg Alexander von Humboldt wurde der Vater der beiden hochberühmten Brüder Wilhelm und Alexander, die nach dem Tode der Mutter (1796) auch Tegel erbten. Bei der Erbschaftsauseinandersetzung (1802) übernahm Wilhelm von Humboldt Tegel. Zunächst löste derselbe den auf dem Gute lastenden Canon ab und befreite es von dem onus (Belastung) der Erhaltung von mehreren tausenden von Maulbeerbäumen, worauf weiland Seine Majestät der Hochselige König Friedrich Wilhelm III. dem Gute die Rittergutsqualität beilegte, mit der Bestimmung jedoch, dass diese Qualität nur so lange Geltung haben solle, als Tegel sich in der Familie Wilhelms von Humboldt befinden würde. (Unter „Canon" sind die feststehenden Abgaben und Leistungen gegenüber dem Eigentümer erfasst. Er ist allgemein eine Teilhabe des Eigentümers am Vermögenszuwachs des Gutes. Gemeint sein kann die Abgabe bei Einheirat, aber auch beim Sterbefall.)
In den Jahren 1822 – 1824 liess der Staats-Minister von Humboldt auch das gegenwärtige Schloss durch den unsterblichen Baumeister Schinkel aufführen. Schinkel löste damit eine nicht leichte Aufgabe, denn bei dem Baue sollte das ehemalige churfürstliche Jagdschloss, das väterliche Haus der Gebrüder Humboldt, erhalten bleiben, mit bekannter Meisterschaft, indem er das alte Jagdschloss auf drei Seiten mit neuen Gebäuden umgab. Interessant ist auch, dass Humboldt an dem Schloss die schwebenden Gestalten anbringen liess, welche Kenner an dem antiken Windthurme der Athenienser (Turm der Winde,auch Horologion des Andronikos) bewundern. Tegel war und blieb seitdem der Lieblingsaufenthalt des Staats-Ministers von Humboldt, der es im Innern durch zahlreiche Kunstwerke zum Theil von hohem Werthe schmückte. Man sieht da antike Statuen, die Humboldt erworben in jener Zeit, da er sich als Gesandter Sr. Majestät des Königs beim römischen Stuhl zu Rom befand; ferner Abgüsse von Antiken, Gemälde u. s. w. Auch sind daselbst die Säulen von rosso antico, das Medusenhaupt von ägyptischen Porphyr und die schönen Vasen aufgestellt, welche er vom Papst Pius VII. zum Geschenk erhalten. Schon der Vater der Gebrüder Humboldt hatte einen Park um das Schloss angelegt, der Staats-Minister erweiterte denselben durch geschmackvolle neue Anlagen und schmückte sein Tegel durch alle Mittel, die ihm sein feingebildeter Sinn für das Schöne finden liess.
Der grosse Gelehrte und Staatsmann liegt auch mitten in seinen anmuthigen Schöpfungen begraben. Als Wilhelm von Humboldt seine Gemahlin, eine geborene von Dachröden, durch den Tod verlor, errichtete er ihr im Garten ein Denkmal; auf einer Granitsäule mit einem Capitäl von Marmor auf einem Marmor-Sockel, erhebt sich die Statue der Hoffnung aus carrarischein Marmor, ein Werk Bertel Thorwaldsen's. Hier vor diesem Denkmal ruht Wilhelm von Humboldt mit seiner Gemahlin in freier Erde. Ein einfaches Gitter sondert die Gräber von den sorglich gepflegten Blumen-Anlagen, die wiederum rings von dunkeln Tannen umschlossen sind. Seit dem Tode des Erbauers haben nun schon mehrere Glieder seiner Familie dort ihre Ruhestätte gefunden. Es ist ein lieblicher ernster Platz! —
Laut testamentarischer Verfügung des Staats-Ministers von Humboldt ging Schloss Tegel bei dessen Ableben 1835 an die zweite Tochter Adelheid, die Gemahlin des Königlichen Generals der Cavallerie von Hedemann über, welcher sich gegenwärtig im Besitz des Gutes befindet. Nach ihm erbt Tegel zunächst die Frau Ministerin  von Bülow, geb. von Humboldt, nach ihr Hermann von Humboldt (
das ist falsch; Hermann erbte ein Teil des Gutes Ottmachau), der zweite Bruder der verewigten Frau Generalin von Hedemann.
Das Rittergut Schloss Tegel besteht aus dem herrschaftlichen Gute und einigen Tagelöhnerhäusern, sowie zwei vererbpachteten Grundstücken, der Insel Scharfenberg im Tegel'schen See (80 Morg. 131 QR.) und dem Baumwerder (20 Morg. 143 QR.). Der ganze Flächeninhalt beträgt gegen 400 Morgen, von denen ein grosser Theil auf die Park- und Gartenanlagen, so wie auf die Wasserfläche des Tegelschen See's, die zum Gute gehört, kommt. Die Dorfgemeinde Tegel, die mit dem Schloss Tegel in weiter keiner Verbindung steht, als dass die Besitzer desselben zur dortigen Kirche gepfarrt sind, zählt sieben Bauern, zwei Cossäthen, einen Eisenhammer (dem Besitzer der Maschinenbau-Anstalt Egells in Berlin gehörig und 1837 angelegt), einer Windmühle (1833 angelegt) und acht Büdner. Die ganze Feldmark hat etwa 1000 Morgen, von denen der Kirche 10, der Pfarre 120 gehören. Der Boden ist leicht und sandig, die Wiesen meist nur sehr mittelmässig. Die gute Lage, in der sich die bäuerlichen Besitzer befinden, ist eine Folge der Nähe Berlin's, die ihnen nicht nur möglich macht, alle Erzeugnisse aufs Vorteilhafteste zu verwerthen, sondern ihnen auch Familien zuführt, die zu bedeutenden Preisen Sommerwohnungen in dem anmuthigen Orte miethen.
Nach der Finanzstatistik von 1375 hatte Tegel 32 Hufen, davon gehörten 4 der Pfarre. Jede Hufe zahlte 3 Scheffel Roggen und 3 Scheffel Hafer Pacht, 2 Schilling Zins und 10 Pfennig Bede. Jeder der 6 Cossäthen gab l Schilling und l Huhn, der Krug entrichtete 6 Hühner. Die Mühle hatte 5 Wispel Roggen und 12 Schilling mit 18 Scheffeln Hafer abzugeben. Nach dem Schossregister von 1451 hat die Feldmark „Tigel" keine grössere Ausdehnung als ein Jahrhundert früher; mit Ausnahme der Pfarrhufen entrichtete damals jede Hufe 4 Schillinge, die Cossäthen gaben 4 Groschen. In den Hufentabellen von 1671 steht „Tigell" mit 8 Bauern, 28 Bauerhöfen, 2 Cossäthen und 1 Müller.
" („Bede", auch Beede, ist eine erbetene, freiwillig geleistete Abgabe an den Grundherrn, aus der sich mitunter eine regelmäßig erhobene, auch landesherrliche Steuer entwickelte.)

 
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