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Tegel Schloss

Caroline von Humboldt, die Frau seines Bruders Wilhelm, war am 26. März in Tegel gestorben. Die Beerdigung fand am 30. März statt.
Einen Tag nach ihrem Tod schrieb Alexander von Humboldt an seinen Verleger Johann Friedrich Cotta

Berlin, 27.3.1829

»[...] Unsere Noth ist groß! Die unglükliche Frau [Karoline von Humboldt] wird Montag provisorisch auf dem Kirchhof im Dorf Tegel, in einer gemauerten Gruft beigesezt, bis das Monument fertig ist, welches unter schönen Eichen (die [sie] ausgewählt) in dem Garten |2| des Schlosses Tegel gesezt werden soll. Dort wird man sie dann begraben. Lassen Sie den Tod in der Allg[emeinen] Zeit[ung] anzeigen {Bearbeitungsvermerk am Rand: besorgt}. Sie war durch ihre Reisen in Spanien Frankreich, England, Schweiz u. Italien mit allem in Verbindung‚ was [ihr] Zeitalter großes, im intellectuellen Sinne der Wissenschaft u. Kunst aufzuweisen gehabt hat. Wir erkennen Ihr u. der Baronin [gemeint sind: Cotta und seine Gattin] warmes Mitgefühl!
Vor der Beerdigung ja vor Mittwoch werden die Verwandten (meist in Tegel) niemand sehen können.
Ich bin selbst sehr trübe u. muß den 12ten d. M. fort [zur Russlandreise]. [...]
«
Entnommen aus: Ulrike Leitner (Hrsg.): Alexander von Humboldt und Cotta. Briefwechsel. (Beiträge der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle, Band 29), S. 169

Wilhelm von Humboldt beschreibt die von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) konzipierte Grabstätte im Park des Schlosses Tegel in einem Brief vom 29.03.1829) an seinen Freund Friedrich Gottlieb Welcker (1784–1868):
»Sie haben in so enger Vertraulichkeit eine so schöne Zeit mit uns durchlebt, teuerster Freund, daß es Sie gewiß tief erschüttern wird, wenn ich Ihnen sage, daß meine Frau am 26. d. M. früh um ½ 8 Uhr gestorben ist. Ihr Ende war sanft und still und schmerzlos. Sie hatte bis zum letzten Atemzuge das volle Bewußtsein, sprach mit uns bis wenige Augenblicke vor ihrem Einschlafen, und ihr Hinscheiden bestand nur in einem allmählichen Aufhören des Atmens. Ihr für alles Ausdrucksvolle und Schöne immer empfänglicher Sinn zeigte sich auch noch in diesen letzten Augenblicken. Als sie schon nicht mehr sprach, öffnete sie noch einmal die immer noch klaren, nur matten Augen und sah auf das schöne Schicksche Bild ihrer beiden jüngeren Töchter und dann sich umdrehend auf eine sehr treue Kopie der Raphaelschen Himmelfahrt der Jungfrau aus Perugia. Dann schloß sie die Augen auf ewig. Sie hatte sich acht Tage vor ihrem Tode in das Zimmer tragen lassen, wo die Bilder hingen, und ist in diesem verschieden. Morgen wird sie beerdigt. Sie hat gewünscht, in Tegel ihre Ruhestätte im Garten zu finden; ich werde dort einen Begräbnisort und ein Denkmal, vermutlich eine einfache, aber etwas hohe Granitsäule einrichten lassen. Bis das geschehen ist, lasse ich sie auf dem Dorfkirchhof beisetzen. Wie mein Leben künftig alleinstehend sein wird, davon habe ich eigentlich jetzt noch gar keinen Begriff. Einsamkeit, Andenken und Selbstbeschäftigung sind es, worauf ich Hoffnung richte, aber auch die Stimmung, die dies im Gemüt erfordert, wird schwer zu gewinnen sein.«

Paul Ortwin Rave beschreibt diesen Privatfriedhof in seinem Büchlein "Wilhelm von Humboldt und das Schloss Tegel", 2. Auflage Berlin 1956 (1. Auflage Leipzig 1950) so:
[156] »Jeder, der nach Tegel kommt und den Park aufsucht, geht zu den Gräbern der Humboldts. Sie liegen gar so weit nicht vom Schloß, am Ende der langgestreckten Wiese, die sich vor ihm hindehnt, zwischen der alten Lindenallee links und dem Föhrenwäldchen rechts. Schon von fern gewahrt man vor den Bäumen des Hintergrundes ein leuchtendes Marmorbild auf hoher Säule, eine stille, weiße Frauengestalt über den Gräbern.
Es ist ein kleiner ernster Totenacker inmitten der freien Natur, an drei Seiten umgeben von einem schlichten eisernen Gitter. Den Abschluß an der vierten Seite bildet eine steinerne Sitzbank, im Halbrund um die Sockelstufen der Säule. Das Gitter umschließt die flachen Grabhügel, die dicht von Efeu übersponnen sind, nunmehr zwei Dutzend Gräber an der Zahl. Die meisten, in kurzen Reihen geordnet, haben zu Häupten niedrige Grabsteine, alle aus demselben schlesischen Marmor, alle von der gleichen einfachen Form und auf der Vorderseite nichts als die Namen, Geburts- und Sterbedaten. Die ohne einen solchen Grabstein, nur vier, unmittelbar vor der Säule, das sind die ersten Gräber, seitdem der Platz in Benutzung genommen und Caroline, die Gattin Wilhelms von Humboldt, hier den Anfang gemacht hatte. Ihr Name sowie die ihrer nächsten Familienangehörigen stehen eingemeißelt auf dem weißen Marmorsockel der Säule.«

Karoline von Humboldt hatte die Marmor-Statue der Spes während ihres zweiten Romaufenthalts 1818 von Bertel Thorvaldsen gekauft und zur Hälfte anbezahlt. Am Weihnachtsabend 1817 schreibt sie ihrem Mann, dass sie die Statue gerne besitzen möchte: »Die ganze Statue hat etwas Lichtes, Hohes, Stillbewegtes, als träte sie einem vom Fußgestell entgegen. Es ist etwas durchaus Neues, nie Gesehenes, sie macht sich in allen Linien, und wie man sie auch wendet, gleich schön.« Und etwas später (17. Februar 1818) noch einmal: »Du Wirst die größte Freude daran haben, es ist wirklich eine himmlische Figur, etwas noch nie Gekanntes und im edelsten Stil.«

Sechs Wochen nach dem Tod seiner Frau muss Wilhelm die Statue über Christian Karl Josias von Bunsen (1791–1860) bei dem ewig säumigen Thorvaldsen anmahnen. Da die Figur, die endlich im Frühjahr 1830 in Tegel eintraf, aus reinstem Carrara geschaffen war, ließ Wilhelm vom Bildhauer Möller unter Aufsicht Christian Friedrich Tiecks (1776-1851) eine Nachbildung aus wetterfestem Gestein arbeiten. Diese wurde dann am 31. Mai 1831 auf der Säule aufgestellt.

Der Friedhof im Park des Schlosses Tegel
(private Aufnahme)

Das Schloss und das Gut Tegel, so bestimmte es Wilhelm von Humboldt in seinem Testament, sollten die Töchter erben (während die Söhne das schlesische Ottmachau bekamen). Caroline, die älteste Tochter starb ledig und kinderlos. Adelheid, die zweite Tochter, heiratete den preußischen General der Kavallerie, August Georg von Hedemann (1785–1859) und wohnte längere Zeit in Tegel. Die dritte der "Tegeler" Töchter Karolines und Wilhelms war Gabriele († 1887). Sie überlebte alle Geschwister. Ihr Gatte war der Staatsminister  Heinrich von Bülow. Von Bülows zwei Söhnen und fünf Töchtern heiratete Constanze, die jüngste, den Hofmarschall Carl von Heinz: auf ihn und seine Nachkommen ging die Erbschaft von Tegel über. So finden sich auf den Grabsteinen außer den Humboldtschen Namen die der verwandten Familien Bülow, Sydow, Loën, Hedemann und Heinz.


 
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